Wirtschaft trifft Neue Schule

Konzeption einer neuen Veranstaltungsreihe

Eine anstehende Schulreform ist seit Jahren in aller Munde, inzwischen fordert auch die Wirtschaft grundlegende Veränderungen im Bildungswesen. Über die Möglichkeiten einer Umsetzung der gemeinsamen Schule für 10- bis 14-jährige diskutieren Vertreter aller Parteien. Inzwischen wissen fast alle – wenn keine Chancengleichheit besteht für alle Kinder, dann fallen aus unterschiedlichsten Gründen zahlreiche Talente durch ein System, das nicht geeignet ist, auf Individuen einzugehen. Daraus resultiert, dass diese Talente und Fähigkeiten uns als Gesellschaft und auch der Wirtschaft verloren gehen. Wer Jahrzehnte lang darauf trainiert wurde, stillzusitzen und sich mit einem vorgekauten Stoff bedienen zu lassen, um diesen für die Prüfung und die Schularbeit rasch ins Kurzzeitgedächtnis zu stopfen, bevor der nächste Schwall an Informationen auswendig gelernt werden muss, der hat am Ende seiner Schulzeit vieles verlernt. Er hat verlernt, sich durch spannende Experimente soweit in ein Thema vorzuarbeiten, dass sich dort neue Möglichkeiten eröffnen – das ist der beglückende Moment, in dem man etwas wirklich bis ins Mark begriffen hat. Er hat auch verlernt, sich überhaupt auf ein Thema wirklich einzulassen, denn ein jahrzehntelanges Unterbrochenwerden nach 50 Minuten Unterrichtseinheit zeigt ebenfalls Wirkung: was nicht per se Begeisterung auslöst, kann man eine knappe Stunde lang gut übertauchen, und schon erscheint von außen Erlösung durch die Schulglocke. Lernen an der Oberfläche, wie Gehirnforscher bestätigen. Auch das ist schlussendlich für die Wirtschaft ein teures Verschwenden von Ressourcen.

Was braucht eine zukunftsfähige Wirtschaft?

Immer mehr Unternehmen bemühen sich um eine möglichst entspannte Umgebung, flache Hierarchien und vernetztes Denken. Es sind durchwegs sehr erfolgreiche Unternehmen und einige von ihnen bemühen sich sogar um Kindergärten und Schulen mit reformpädagogischen Ansätzen. Dass es zahlreiche Unternehmen in der Region gibt, die keine geeigneten Lehrlinge finden können und ihre Stellen somit nicht nachbesetzen können, ist in der hiesigen Wirtschaftskammer bekannt. Der Zusammenhang mit einem obsoleten Bildungssystem, das möglicherweise schon seit langem an seine Grenzen gestoßen ist, wird aber nicht hergestellt. Daher beschäftigen wir, der Verein schule jetzt und PRIM (Plattform für Reformpädagogische Initiativen), uns mit folgenden Fragen – und lassen diese von Vertreter/innen aus Wirtschaft, Bildung und (später auch) Verwaltung auf einem Podium diskutieren: Welche Kräfte braucht eine zukunftsfähige Wirtschaft? Welche Art des Lernens bringt fähige, kreative Köpfe hervor, die teamfähig sind, vernetzt denken können und es gewohnt sind, sich in kürzester Zeit selbstständig fehlende Informationen zu beschaffen? Und vor allem: welche Art der Bildung ist dazu geeignet, mit Freude an einer interessanten Sache zu forschen und solange zu experimentieren, bis das Ergebnis wirklich bahnbrechend ist?

Veranstaltungen zum Thema

Wirtschaft trifft Neue Schule 2013

12. März 2013, Fachhochschule Dornbirn
„Noten sind fair und die Erde ist eine Scheibe“


 

Wirtschaft trifft Neue Schule 2011

4. Oktober 2011, Bösch Forum Lustenau
Schulqualität = Zukunftsqualität?

Bereits zum 2. Mal treffen sich auf dem Podium der Initiative PRIM (Plattform für reformpädagogische Initiativen & Mehr) Vertreter/innen aus der Wirtschaft, der Politik und Pädagogik, um gemeinsam der Frage nachzugehen: Passen die Schulinhalte und die Bedingungen der Arbeitswelt noch zusammen?

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Unter professioneller Moderation von Ursula Kremmel liefert die hochkarätige und auch kontroverse Besetzung auf dem Podium wichtige Impulse für den angestrebten Bildungsdialog in Lustenau. Unternehmer, Eltern, Pädagogen, Politiker und Interessierte sind eingeladen, sich an der Diskussion zu beteiligen und andere Erfahrungen und Sichtweisen zu Bildungsfragen zu hören. Dabei sind Visionen für die Bildungs- und Lernlandschaft der Marktgemeinde Lustenau durchaus erwünscht.

Die Veranstaltungsreihe findet einmal im Jahr in unterschiedlichen Regionen des Landes statt und möchte die Frage nach einer zeitgemäßen Schule aus der anderen Perspektive beleuchten – die Sicht der Unternehmer/innen, die Erfahrungen der Lehrlingsausbildner/innen, die immer hörbarer den Mangel an Fachkräften beklagen. Es geht um die Zukunftsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft – und um die Zukunft unserer Schulabsolvent/innen, die heute in die Arbeitswelt einsteigen.

Es lohnt sich also, den folgenden Fragen gemeinsam nachzugehen: Welche Persönlichkeiten und Fähigkeiten braucht eine zukunftsfähige Wirtschaft? Welche Lehr- und Lernmethoden stärken Schüler/innen für ihren Einstieg in die Arbeitswelt? Welche Rahmenbedingungen unterstützen Kinder und Jugendliche, um ihre Potentiale zu entwickeln? Wie werden sie zu gesunden und verantwortungsvollen Mitgliedern unserer Gesellschaft? Und darf das alles (oder sollte es etwa?) auch noch Freude machen?

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Teilnehmer/innen:
Dr. Wieland Alge, General Manager EMEA
Mag. Simon Ender, Ender Werbung
Dr. Robert Janschek, Geschäftsleiter Heizbösch
Dr. Claudia Niedermair, PH Vorarlberg
Mag. Dr. Kurt Fischer, Bürgermeister Lustenau, Landtagsabgeordneter
Ernst Hagen, Bildungsreferent Lustenau, Landtagsvizepräsident
Moderation: Ursula Kremmel

Eintritt: freiwillige Spenden

Veranstalter: PRIM gemeinsam mit dem Verein Kinderwelt Lustenau. Unterstützung durch die Marktgemeinde Lustenau


 

Wirtschaft trifft Neue Schule 2010

4. Oktober 2010, Fachhochschule Vorarlberg
Schwerpunktthema des ersten Abends: Fit für die Zukunft?

Aufruf zum kreativen Ungehorsam

In einer Podiumsdiskussion zum Thema „Wirtschaft trifft neue Schule“ erörterten am Montag Abend an der Fachhochschule Vorarlberg namhafte Vertreter aus Wirtschaft und Pädagogik die Frage, ob unser Bildungssystem noch den Bedürfnissen einer zukunftsfähigen Wirtschaft entspricht.

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Durchaus kontroverse Meinungen auf dem Podium sorgten für einen Gesprächsabend auf hohem Niveau mit reger Beteiligung der etwa 100 Zuhörerinnen im Publikum. Am Montag, den 4. Oktober fand die Auftaktveranstaltung des Vereins „schulejetzt“ zu einer Reihe unter dem Motto: Wirtschaft trifft neue Schule statt.

Auf dem Podium diskutierten Michael Amann, Wirtschaftskammer GF Sparte Industrie, Bettina Beer, Heron Gruppe, Monika Dorner, Direktorin Freie Montessori Schule Altach, Othmar Meyer, Liebherr Werk Nenzing, Lehrlingsausbildung und Ernst Schwald, Geschäftsführer Bodensee Akademie. Durch den Abend führte die versierte Moderatorin Ursula Kremmel. Das Schwerpunktthema des Abends drehte sich um die Frage: die Schule von Heute und die Berufswelt von Morgen – passen sie zusammen?

Deutliches Fazit von Unternehmerseite: es besteht dringender Handlungsbedarf, weil die Unternehmen Vorarlbergs im internationalen Wettbewerb nur schwer bestehen können. Wichtigstes Kapital für die Wettbewerbsfähigkeit sind kompetente Mitarbeiter/innen. Und welche Fähigkeiten ein Unternehmer von Lehrlingen und Absolventen erwarten kann, wird in der Diskussion auf ein Minimum reduziert – sofern Sozialkompetenz und Beziehungsfähigkeit vorhanden sind, kann darauf aufgebaut werden.

Gerade in diesem Punkt erhält die übliche Regelschule von allen Vertreter/innen auf dem Podium schlechte Noten, mit Ausnahme des Vertreters der Wirtschaftskammer, Michael Amann. Er hält das bestehende System für gut und ausreichend. Othmar Meyer von Liebherr sieht die Sache pragmatisch. Er wartet nicht auf einen großen Strukturwandel des Schulsystems, sondern schlägt den Lehrer/innen kreativen Ungehorsam innerhalb ihres Wirkungskreises vor. Er spricht aus jahrelanger Erfahrung als Lehrlingsbeauftragter der Firma Liebherr, wenn er darauf hinweist, dass es weniger auf die Schulnoten als auf die Beziehungsfähigkeit der Schulabgänger ankommt. Eine Sicht, die Bettina Beer deutlich unterstützt, wenn sie davon spricht, dass in ihrem Arbeitsbereich der Human Resources bei Heron Kopf und Herz zusammenstimmen müssen. Was auch in der Wirtschaft immer mehr zu einem zentralen Thema wird ist die Freude am Lernen und an einer Aufgabe. Menschen, die sich mit Freude einer Arbeit widmen, machen diese gut. Diese Freude bringen die Kinder mit ins Leben, und während der vielen Jahre in der Schule geht sie leider meist verloren – durch Herabwürdigung, Beschämung und häufig auch durch sonnloses Wiederholen einer Klasse.

Aus der Schule plaudern konnte im wahrsten Sinne des Wortes Monika Dorner, ihres Zeichens Direktorin der Freien Montessori Schule Altlach. Sie bestätigte die Wichtigkeit des respektvollen Umgangs miteinander, und die zwar unbequeme, aber wichtige Neudefinition des Lehrers als individueller Lernbegleiter. Die Jugendlichen, die aus ihrer Schule in die Berufswelt eintreten, haben einen gesunden Selbstwert und sind freie (und daher gefragte) Individuen – weil sie in einem wertschätzenden Umfeld ihrer Lernfreude nachgehen können.

Einen wesentlichen Beitrag leistete Ernst Schwald, Leiter der Bodensee Akademie, indem er immer wieder aus dem Zukunftspapier der Industrieellenvereinigung zitierte, welches sich zu 90% mit den Grundsätzen reformpädagogischer Unterrichtsmethoden deckt.

Schlussendlich gab es auch zahlreiche Wortmeldungen aus dem Publikum, die die Dringlichkeit der Situation rund um die Bildungslandschaft Vorarlbergs deutlich machten. Und ein gemeinsames Fazit aller Beteiligten war: der Dialog muss weitergeführt werden. Auch wenn es kontroverse Ansichten gibt, ist es wichtig, dass alle gemeinsam nach einem Weg suchen, der in eine gute Zukunft führt.

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